Stadt Lauingen (Donau)

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Kulturhistorische Informationen

Die Kath. Stadtpfarrkirche St. Martin. Die Vorgängerkirche, eine romanische Basilika, wurde 1516 ff. durch einen Neubau in verputztem Backstein ersetzt, der wohl von dem Augsburger Baumeister Hans Hieber unter Mitwirkung von Stephan Weyrer d. Ä. entworfen wurde; Weihe 1520. Im folgenden Jahr Schließung der Gewölbe, vgl. Datierung 1521 am mittleren Gewölbejoch. 1560 ff. Ausbau des Turms; vollendet von Hans und Jörg Degeler. 1570 Einbau der Fürstengruft im Chor, 1601 durch Sigmund Doctor erweitert; die 1781 bzw. 1871 daraus entfernten Särge, Gewänder und Schmuckstücke von 1582 - 1664 jetzt im Bayerischen Nationalmuseum, München; Särge z.T. auch im Heimatmuseum. Restaurierung 1985ff.

Die große, lange Hallenkirche aus der Nachfolge Burkhard Engelbergs steht am Ende der Reihe von spätgotischen Stadtpfarrkirchen in Süddeutschland, die Standes- und Selbstbewusstsein des städtischen Bürgertums repräsentieren. Einheitliches, nach Osten abgewalmtes Dach über dem ganzen, der Quaderform angenäherten Baublock. Westfassade mit Wellengiebel. Außenwände durch schwache Strebepfeiler gegliedert; neben dem Südportal Steinsitz, vielleicht ehem. Pranger. Der stattliche, freistehende Südturm mit rechteckigem Unterbau zu neun Geschossen und kurzem, zweigeschossigem Oktogon, darüber welsche Haube; Gliederung durch Blendfelder und Bogenfriese. Östlich anschließend die Sakristei; am Eckpfeiler Maskenrelief, am südlichen Mittelpfeiler kreisförmige Platte mit sich gegenseitig verschlingenden Tieren, wohl Spolien der Vorgängerkirche. Die drei seichten Apsiden des fassadenartigen Chors dreiseitig geschlossen, aber durch halbrunde Bögen so miteinander verbunden, dass für den Dachansatz ein gerader Abschluss gebildet ist; an der südlichen Apsis Portal mit rustiziertem Gewände und Obelisk im gesprengten Dreiecksgiebel, 1613 von Doctor; daneben römischer Votivstein aus Faimingen.

Weiter, lichter Innenraum mit drei, in seltener Weise fast gleich breiten Schiffen, die durch sieben runde, sehr schlanke Pfeiler mit achteckiger Deckplatte und achteckigem Sockel voneinander geschieden sind und im Osten in halbrunden Apsiden enden. An den Wänden Halbsäulen, in den Ecken Viertelsäulen; runde Gewölbebogen, dünne Rippen in Netzmuster. Im Langhaus hohe Rundbogenfenster mit Fischblasen und Mittelkreis; im Chor spitzbogige Maßwerkfenster mit Glasgemälden von Bernhard Mittermaier nach Entwürfen von Jakob Bradl, 1901/07. Da räumlich kein Chor ausgewiesen ist, wurde der Altarraum durch die 1557 bez. Marmorierung der vier letzten Pfeiler im Osten angedeutet. Bis zum ersten Pfeilerpaar vorgezogene Westempore über drei Rundbogenarkaden.

Wand- und Deckenmalereien von 1521 ff. Apsiden: nördlich Anbetung der Könige; in der Mitte Kreuzigung, flankiert von Stifterpaar, bez. 1524. Am Gewölbe des Mittelschiffs Evangelistensymbole, Wein- und Laubranken. Nördliche Langhauswand, von Osten nach Westen: in ädikulaförmigen Blendfeldern Kreuzigung, Pietà, Auferstehung Christi und Veronika reicht Christus das Schweißtuch. Westwand: in Rechteckrahmen riesige Figuren von Adam und Eva, in der Mitte der Baum der Erkenntnis (nach Vorbild von Albrecht Dürer, 1504).

Die gotische Ausstattung 1555/57 vernichtet, die barocken Altäre 1880 durch neugotische ersetzt. Chorgestühl von Hans Jörg Rieger und Hans Michael Scharff, 1768. Laiengestühl von Johann Caspar Rieger, 1748; lebhaft geschweifte Wangen mit reichem Schnitzdekor. Querrechteckiges Tafelbild Christi und der Apostel, um 1470. Hostienwunder, Öl auf Holz, um 1490, vielleicht von dem Lauinger Maler Peter Reyser oder seinem Sohn Matthias. Gemälde des hl. Albertus Magnus, um 1660. Großformatige Kreuzwegstationen von Johann Anwander, 1752/53. Figuren: Ecce Homo und Pieta, um 1500. Kruzifix mit Maria, von Peter Trünklein, um 1520. Hl. Martin, um 1620/30, Christoph Rodt zugeschrieben. Große Zahl von Grabdenkmälern: In der Mittelapsis sieben kleine Renaissance-Epitaphien aus Solnhofener Stein für herzogliche Kinder von Pfalz-Neuburg, z. T. mit Reliefs: Guter Hirte, hl. Joseph, Auferstehung und Taufe Christi, Jüngling von Nain und Erweckung der Tochter des Jairus. An der Südwand Grabsteine der Familie Ungelter sowie für den Ratssyndikus Georg Laetus, gest. 1581, letzterer von Jörg Ludwig. Farbig gefasster Wappenstein für Konrad von Zilnhart, gest. 1519.

Klassizistisches Epitaph für den Bürgermeister Georg Marx Schropp, gest. 1782, mit Pyramidenstumpf, trauerndem Putto und Todesemblemen. Ähnliches Epitaph für den 1785 verstorbenen Hofbildhauer in Oberdischingen Johann Brugger, mit Brustbild. Unter der Westempore großes, von schmiedeeisernem Rautengitter umgebenes Kenotaph der Pfalzgräfin Elisabeth, gest. 1563; erst 1572 von Sigmund Winthier begonnen und nach seinem Tod von anderer Hand vollendet, urspr. im Chor, 1880 hierher versetzt. Rotmarmorsarkophag auf vier Löwen an den Ecken und zwei Wappen in den Seitenmitten: nördlich Stolberg-Wernigerode, südlich Württemberg; auf der Tumba Vollfigur der Verstorbenen aus weißem Marmor, zu Füßen Löwe mit Wappen Jülich-Cleve, zu Häupten Kartusche mit langer Inschrift. Im nördlichen Vorzeichen Epitaph für Otto Heinrich Pfalzgraf bei Rhein, 1595 noch zu seinen Lebzeiten errichtet, mit Relief des Hiob, darüber göttliche Tugenden. Gegenüber Stein für vier seiner Kinder, um 1600, mit Auferstehung der Toten.

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